RÖMISCHER FRÜHLING Aus den «Jugenderinnerungen»

Rom hat in meinem Leben einen solchen Glanz zurückgelassen, daß ich immer geneigt war, dieser Stadt die entscheidende Rolle in meiner Entwicklung zuzuschreiben. Ich sah in ihr die gute Fee, die meine Schicksale verwandelte. Fast möchte ich meine zweite —meine wahre Geburt von ihr ableiten. Darin liegt eine List der Liebe. Man ver­ sucht, sich davon zu überzeugen, daß man für den geliebten Gegen­ stand geboren ist und durch ihn zu seiner wahren Natur geboren wurde. Man weiß wohl, daß es anders ist! Man hüllt sich in diese Illu­ sion, mit geschlossenen Augen, um zu träumen. Ich bin aus dem Traum erwacht. Ohne davon losgelöst zu sein —ein Faden, der immer feiner wird, hält mich noch heute daran fest —, betrachte ich ihn von außen. Ich sehe die Zauberin … die Stadt Rom, die ich so sehr geliebt.. Meine Liebe ist das Beste, was du mir gegeben hast. Das übrige würde ich an irgendeinem anderen Orte, an den mein Schicksal mich geführt hätte, auch ohne dich bekommen haben. Ich trug es in mir. Mein Reisegepäck war auf der Rückreise wie auf der Ausreise das gleiche. Aber für das ganze Leben ist es ganz von dir durchtränkt worden. Dein Duft, nichts anderes. Nichts Geringeres als die Liebe, dieser Traum vom Glück, Er verdrehte mir den Kopf … Es war nichts als ein Traum. Er hat mir geholfen, zu leben. Und vielleicht hat er durch mich sehr vielen anderen ebenso geholfen…

Im Jahre 1889 hatte Italien nichts, was einen jungen Geist anziehen konnte, der gleich dem meinen von den Problemen der Gegenwart besessen war. Mein Interesse war mit oder ohne Sympathie den Na­ tionen und Völkern zugewandt, die in dem heutigen Leben fester ver­ wurzelt waren: Deutschland oder England. Und da die Musik ihr Ge­ wicht in die Waage warf, hätte ich Deutschland gewählt. Ich hätte gern die Sieger jener Zeit: Bismarck und Wagner aus der Nähe ge­ sehen .. Bei Wagner kam ich zu spät, er war in seinem Garten in Wahnfried entschlummert. Aber die Erde hatte sich erst vor so kurzer Zeit über ihm geschlossen, daß es mir war, als würde ich seinem Schat­ ten in den Alleen begegnen. Und wirklich bin ich ihm, darauf möchte